Sunday, 9 December 2018

Verunstaltung der Kleinen Düssel im historischen Gruiten-Dorf durch eine „Wassertretanlage“: Wo bleiben die Achtung und der Respekt vor unseren Wasserkörpern, den heiligen Quellen alles Lebendigen?


Ausgerechnet hinter einer Kirche steht seit Herbst 2018 in Gruiten-Dorf ein Symbol der Respektlosigkeit und Missachtung der Menschen für die Natur: ein abscheuliches rechteckiges Metallgeländer, eine so genannte „Wassertretanlage“, die eher in einem Schwimmbad oder eine Sauna gehört, nicht aber in einen schönen kleinen Fluss, wo die Fische und der Eisvogel ihr Zuhause haben. 

Vorher: Ein Märchen im Winterkleid

 Vorher: Ein Märchen im Winterkleid. © 2017 D.W.A. Foulkes


Nachher: Metallstange statt Märchen

 Nachher: Metallstange statt Märchen  © 2018 D.W.A. Foulkes

Es sieht aus wie ein absurder — sogar surrealistischer — Skulpturenwitz. Als ob jemand sich über die Natur lustig macht. „Hier,“ sagt es dem kleinen Fluss, „eines von unseren Schwimmbadgeländern. Unsere Bäder sind besser als du. Wir machen dich zu unserem Abbild, nicht andersrum.“ 
Ohne Wasser aber gäbe es uns nicht. Ohne Wasser würden wir nicht überleben. Ohne Wasser sind wir nach drei Tagen tot. Wasser gebührt daher unser Respekt. Unsere tiefste Dankbarkeit. Dass wir dem Wasser unser Leben zu verdanken haben, sollte uns allen klar sein, jedes Mal, wenn wir mit Wasser zu tun haben, Entscheidungen über es zu treffen haben. Eigentlich müssten wir stets ins Staunen kommen, wenn wir Durst haben und jedes Mal klares Wasser aus dem Wasserhahn kommt. Oder wenn der Regen rein und unbesudelt vom Himmel fällt und unsere Flüsse und Bäche wie aus Zauberhand immer wieder gefüllt werden, aus einer nie versiegenden Quelle in den Wolken.  
Tun wir aber nicht – zumindest tun es die meisten von uns nicht. Wie in so vielen Bereichen des modernen Lebens ist auch das Wunder des Wassers entzaubert. Wir haben den Kontakt zu unseren Ursprüngen verloren, unseren fundamentalen Lebensgrundlagen. Wir sind dadurch erschöpft und ausgebrannt und für viele von uns hat das Leben selbst an Bedeutung verloren. 
Wie aus den Statistiken der Weltgesundheitsorganisation hervorgeht, rollt eine Tsunami der Selbstmorde über unsere Welt. In mehreren Ländern Europas ist Suizid sogar die führende Todesursache bei Kindern und Jugendlichen.[1] 
Was ist bloß mit uns passiert? Könnte unsere seelische Krise mit unserer ökologischen Krise zusammenhängen? Die Lebenssysteme unsere Erde drohen allen Berichten zufolge zu kollabieren. Parallel zur Suizidwelle der Menschen rollt eine Tsunami des Aussterbens aller Lebensformen diese Erde über uns hinweg.[2][3] Zum Beispiel sind 60% aller frei lebenden Wirbeltiere seit 1970 verschwunden.[4] Sechzig Prozent! Laut David Attenborough, dem großen Filmemacher der Natur, droht uns dadurch sogar der Kollaps unserer gesamten Zivilisation, wie er am 3. Dezember 2018 bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Katowice warnte.[5] Und zu der Bedrohung unserer materiellen Existenzgrundlagen gesellt sich die Bedrohung der maschinenhaften Anforderungen des modernen Lebens an uns, was unsere Seelen verkümmern lässt.  
Wasser wurde von fast allen Naturvölkern für die Seele der Erde gehalten. Es gibt unzählige Flussgötter und -göttinnen, die die Wasserheiligtümer ihrer Völker bewachen. Selbst das Christentum hält die Taufe für das Eintrittstor in die christliche Religion. Als Jesus in den heiligen Fluss Jordan eingetaucht wurde, kam der Heilige Geist in Form einer Taube um ihn als den Auserkorenen auszuweisen. Deshalb werden alle Christen mit Wasser in ihre Seelengemeinde eingeweiht, entweder ganzkörperlich oder symbolisch mit ein paar Tropfen aus dem Taufbecken. Und wenn man katholisch ist, zollt man dem Kreuzbild Respekt indem man die Fingerspitzen in gesegnetes Wasser taucht und auf Stirn und Brust das Symbol des Kreuzes nachzeichnet. 
Man könnte eigentlich erwarten, dass Christen, für die Wasser solch eine große symbolische Bedeutung hat, große Achtung für unsere Wasserkörper haben, alle Wasserkörper vielleicht sogar als ein Abbild des Jordans sehen würden. Vor allem in Gruiten-Dorf, wo zwei Kirchen ganz nah beieinander stehen, zwischen denen sich ein zauberhafter kleiner Fluss schlängelt. Man würde denken, dass ausgerechnet die Gruitener dem dorfbildprägenden Fluss Feingefühl und Respekt, Achtung und Wertschätzung entgegenbringen würden. 
Aber nein. Es scheint, dass auch sie der Abgestumpftheit unserer modernen Gesellschaft zum Opfer gefallen sind. Und wiederum ihr Flüsschen zum Opfer gemacht haben, auf völlig sinnentleerte Weise entstellt haben. Dort, hinter der evangelischen Kirche, wo früher Kinder ausgelassen spielten oder halbverträumt im Fluss geplanscht haben, steckt als Symbol dieser Abstumpfung ein hässliches, rechteckiges Metallgeländer, (an)gestiftet vom Ortsverein und der örtlichen Industrie.[6]
 

Auch das riesige Schild mit den Namen der Verantwortlichen und den Logos der Geldgeber verunstaltet das Ufer der Kleinen Düssel.
Auch das riesige Schild mit den Namen der Verantwortlichen und den Logos der Geldgeber verunstaltet das Ufer der Kleinen Düssel. © 2018 D.W.A. Foulkes

Die Botschaft der Erwachsenen an diese Dorfkinder lautet symbolisch jetzt: Wir dürfen überall unser steifes Ding reinstecken, egal was ihr davon haltet. Eure Meinung zählt nicht. Wir können mit eurem Spielplatz tun, was wir wollen. 
Ja, ausgerechnet hinter einer Kirche... .
Und wie in Gruiten-Dorf, so auch auf dem ganzen Planeten. Der Körper unserer Erde wird von den Baggern der Minengesellschaften vergewaltigt. Die Missachtung für die Seele der Wasserkörper führt vielerorts zu ihrer Vergiftung, etwa durch Fracking. Die einmal unerschöpflich scheinenden Fischschwärme der Ozeane bleiben durch Überfischung jetzt aus —  viele Menschen drohen dadurch zu verhungern. Und die erstaunliche Farbpracht und Lebensfülle der Korallenriffe werden für unsere Kinder wegen der Klimaänderung wahrscheinlich nicht erhalten bleiben – eine Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes.
Wenn die Menschheit sich nicht von ihrer Abstumpfung befreit, zu ihrer wahren Seele zurückfindet, die mit allem Lebendigen dieser Erde zutiefst verbunden ist, wenn wir nicht sofort einen Weltkrisenzustand ausrufen und zur Tat schreiten, um das, was übrigbleibt, doch noch zu retten - dann sind wir verloren. 
           Wie im Kleinen, so im Großen. Wie in Gruiten, so auf der ganzen Welt. Wenn nichts heilig ist, dann bleibt nichts heil.
Gruiten, 5.12.2018



Was können Sie tun?

1. Beschwerde bei der Oberen Wasserbehörde einreichen:

Bezug: Metallgeländer und Betonfundament sind keine ökologische Verbesserung.

Bezirksregierung Düsseldorf
Herr Jürgen Klingel
Dezernat 54.1 – WRRL
Cecilienallee 2
40474 Düsseldorf
E-Mail: Juergen.Klingel@brd.nrw.de, Tel. 0211/ 475 – 2448

2. Beschwerde bei der Denkmalschutzbehörde einreichen

Bezug: Eine Denkmalrechtliche Erlaubnis für diese Anlage liegt nicht vor. Schwimmbadgeländer und Werbetafel gehören nicht in ein denkmalgeschütztes historisches Dorfbild.

Christoph Spoo
Gartenstadt Haan - Die Bürgermeisterin
Stadtplanung und Bauaufsicht
Abteilung Bauaufsicht und Denkmalschutz
Alleestraße 8
42781 Haan
Tel.: 02129 911-334

3. Bei der Bürgermeisterin vorsprechen und sich beschweren (besonders wegen der fehlenden Beteiligung der Bürger bei Planungsvorhaben)

Bezug: Bürger vor Ort bei Planungen berücksichtigen. Vorher Planungsschild aufstellen und Meinung per Mail bzw. Post ermöglichen.

Die Sprechstunde der Bürgermeisterin findet nach Anmeldung jeweils dienstags in der Zeit von 17.00 bis 18.00 Uhr statt. Terminvereinbarung: 02129/911101.
Oder sich auch per Email direkt bei der Bürgermeisterin beschweren: buergermeisterin@stadt-haan.de

4. Die Geldgeber der Anlage boykottieren

Sie können den Geldgebern der Anlage schreiben, dass Sie ihre Produkte beziehungsweise Dienstleistungen boykottieren, bis auch sie ihre Unterstützung für die ‚Wassertretanlage‘ widerrufen und sich auch bei den obengenannten Behörden für den Rückbau des Metallgeländers und das Entfernen der Werbetafel aussprechen.
Die Geldgeber sind: Anlagenbau Stampfer, Bürgerstiftung für Haan und Gruiten, Europa-Lehrmittel, Haaner Felsenquelle, Gaststätte Wiedenhof, Dr. Jacob Kloepfer (Verleger), Klaus-Dieter Völker (Kreistagsabgeordneter für Gruiten).

5. Ihre Mitgliedschaft beim Bürger- und Verkehrsverein Gruiten kündigen

Mit Angabe der Gründe und vielleicht zeitlich begrenzt: bis zum Abbau des Metallgeländers und der Werbetafel.

6. Diesen Blog über die sozialen Medien verteilen.

7. Für die Kleine Düssel und alle Wasserkörper dieser Erde, die Grundlagen unserer Existenz, beten.




Flussmissbrauch


Die Kleine Düssel ist ein Flusskind,
das einmal glücklich durch sein Dorf strömte.
Der Eisvogel war sein Freund.

Jetzt hat jemand eine Metallstange in
seinen After gerammt. Mit Beton dort fixiert.

Es schreit und schreit,
in einer hohen, dünnen, fast unhörbaren Stimme.

Keiner hört es aber – oder will es hören.

Einige Dorfbewohner
jubeln
seiner Erniedrigung
sogar
zu.
            Mittäter.
                          Missetäter.
                                                 Mittäter.

Und langsam,
wie ein Schmetterling
                           an der Stecknadel
           stirbt es.

Ein Flusskind
   – ver.   ge.    wal.  tigt. –
stirbt.



-        Deborah W.A. Foulkes, Gruiten, 1. - 4. 12.2018



[6] Anlagenbau Stampfer, Bürgerstiftung für Haan und Gruiten, Bürger- und Verkehrsverein Gruiten e.V., Europa-Lehrmittel, Haaner Felsenquelle, Gaststätte Wiedenhof, Dr. Jacob Kloepfer (Verleger), Klaus-Dieter Völker (Kreistagsabgeordneter für Gruiten).

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